Laudenbach. 51 Bürgerinnen und Bürger kamen zum kommunalpolitischen Aschermittwoch der Freien Wähler in das Kickers-Sportheim, um sich nach dem traditionellen Heringsessen die Ausführungen Dr. Reinfried Galmbachers über die Gesundheitsvorsorge im Landkreis Miltenberg anzuhören und sich über Neuigkeiten aus dem Rathaus zu informieren.

Eine Arztpraxis sei vergleichbar mit einem mittelständischen Unternehmen, das beispielsweise 8 Arbeitsplätze biete und bei 1.200 Patienten pro Quartal 120 bis 150.000 Euro „Umsatz“ an Medikamenten, Ergotherapie, Krankengymnastik, usw. generiere. Mit dieser ungewöhnlichen Beschreibung als „Wirtschaftsfaktor in der Gemeinde“ zog der Referent gleich zu Beginn die Aufmerksamkeit auf sich. Miltenberg sei mittlerweile ein „Gesundheitslandkreis“ und eine gute Arztversorgung, u. a. auch wegen der vielen Pflegefälle und der Seniorenbetreuung in einer alternden Gesellschaft, sei wichtig für die Lebensqualität in der Region. Im Landkreis mit seinen 128.000 Einwohnern und 90 Ärzten habe ein Arzt im Schnitt 1.400 Personen zu versorgen, davon 30 % über 60 Jahre. Der Hausarzt sei der „Lotse im Gesundheitssystem“ und um dieser Aufgabe gerecht zu werden, sei auch ein guter Informationsfluss wichtig. Deshalb habe man das Kompetenznetz „Maindoc“ gegründet, ein Zusammenschluss von 25 Ärzten im Landkreis, die auch die Bereitschaftspraxis für hausärztliche Notfälle an der Helios-Klinik in Erlenbach betreiben. Zwischenfrage von Mania Klug: „Muss man dann die Notruf-Nr. 116117 wählen?“ Antwort: „Nein! Während der Bereitschaftsstunden einfach hinfahren! Nicht vorher anrufen!“ Für einen Bereitschaftsdienst für Kinderärzte sei das Soll auf 15 Kollegen festgesetzt. Im Landkreis Miltenberg gebe es aber nur 5 Kinderärzte und deshalb nur eine halbe Planstelle, die nur sehr schwer zu besetzen sei.

Zu allgemeinen Entwicklungen bemerkte Dr. Galmbacher, dass die jüngere Generation zunehmend vom Land in die Städte abwandere. Man lebe nicht mehr nur um zu arbeiten, sondern suche die „work-life-balance“ – arbeiten um zu leben. Das würden auch viele seiner jungen Kollegen so sehen, die Angst vor der Selbstständigkeit hätten und lieber eine gesicherte Anstellung mit einer geregelten Arbeitszeit suchten. Ein Problem sei auch die Abwanderung von Ärzten ins Ausland, 3.241 im Jahr 2010, davon 68 % deutsche. Im Landkreis gebe es „gefühlte Engpässe bei Kardiologie (Herz, Kreislauf), Neurologie (Nervensystem) und Psychotherapie (Seele). Nach seiner Einschätzung werde die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte noch 2 bis 3 Jahre dauern.

Das Versorgungsstärkungsgesetz bringe nun Hilfen für die Hausärzte und eine Stärkung der Allgemeinmedizin. Die bisherige Mengenbegrenzung bei Verordnungen werde durch Wirkstoffvorgaben abgelöst. Auch seien „Medizinische Versorgungszentren“ (MVZ, wie an der Helios-Klinik in Erlenbach) nun auch für Fach- und Hausärzte möglich. In den so genannten „Ärztehäusern“ kooperierten die Kollegen und könnten die zentralen Einrichtungen gemeinsam nutzen, was wirtschaftliche Vorteile bringe. Neu sei auch bei dringenden Fällen eine Termingarantie für die Patienten durch den Zusatz „T“ auf der Überweisung.

Über das „Ärztenetz Untermain (AENUM)“ fordern die Hausärzte weitere politische Unterstützung bei strukturellen Verbesserungen für die Allgemeinmedizin. Die Kommunen könnten mithelfen bei Praxisgründungen, bei der Suche nach geeigneten Praxisräumen und der Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs. In Dörfern ohne eigenen Arzt könnten mit dem Ärztenetz Filialsprechstunden organisiert werden.

Fraktionssprecher Stefan Distler berichtete aus dem Gemeinderat über Diskussionen wegen des Grüngutsammelplatzes. Der Landkreis fordere eine Einzäunung mit festen Öffnungszeiten und biete eine Förderung für die anfallenden Personalkosten an. Man habe sich aber dagegen entschieden um den Bürgern zu ermöglichen, ihr Grüngut jederzeit ohne Zwischenlagerung sofort auf dem Platz entsorgen zu können.
Nach Umbaumaßnahmen in der Kindertagesstätte im letzten Frühjahr mit einem Zuschuss der Gemeinde von 18.240 Euro muss nun auch die erst vor einigen Jahren neu gebaute Kinderkrippe wegen steigender Belegungszahlen erweitert werden. Bürgermeister Bernd Klein bemerkte dazu, im Baugebiet „Vorderer Bocksberg“ seien junge Familien zugezogen, was ja für Laudenbach eine erfreuliche Entwicklung sei. Er werde ständig nach geeigneten Bauplätzen gefragt und sehe einen Bedarf für weitere 10 bis 12 neue Plätze.
Laudenbach müsse sich um die Aufrechterhaltung seiner Infrastruktur kümmern, führte Distler weiter aus. Nach zwei Schließungen habe man seit neuestem nur noch ein Gasthaus. Nach der Sparkasse werde trotz intensiver Gespräche nun auch die RV-Bank ihre Geschäftsstelle schließen. Für die Freien Wähler sei die Sicherung der Lebensqualität des Wohnortes ein Topthema. Deshalb sei man ja auch Mitglied in der Odenwaldallianz des „Integrierten ländlichen Entwicklungskonzeptes (ILEK)“. Hier ginge es vorrangig um Daseinsvorsorgestrategie und Flächenmanagement. Bürgermeister Klein zeigte anhand einer Karte, dass es in Laudenbach 60 unbebaute Grundstücke gibt, von denen aber nur ein Bruchteil verkäuflich ist. Ein ähnliches Thema sei die Suche nach einem Grundstück für den Neubau des gemeindlichen Bauhofs.

In der angeregten Diskussion forderte Christa Ruf einen barrierefreien Gemeinschaftsraum für die Senioren. Die enge Treppe im Feuerwehrhaus sei doch ein arges Hindernis. Hans Schlowak fragte nach finanziellen Möglichkeiten, den Kinderchor zu fördern. Nachdem der Gemeinderat kürzlich mit der Ablehnung eines „offenen Bücherschranks“ für einigen Wirbel gesorgt hatte, konnte der Bürgermeister berichten, dass nun eine private Sponsorengruppe dieses Projekt realisieren werde. Zur Sicherung der Quellschüttung des Jakobsbrunnens und der von ihm gespeisten Dorfbrunnen sowie der Wassertretanlage forderte Franz Hain einen eindeutigen Beschluss des Gemeinderates, Erdwärmebohrungen im Baugebiet „Vorderer Bocksberg“ künftig nicht mehr zu gestatten.

Franz Hain

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